Zur Haftung des Geschäftsführers für Steuerverbindlichkeiten der GmbH.
Eine Geschäftsverteilung ist geeignet, die Haftung von Geschäftsführern „im Fall des Falles“ wesentlich zu verringern. Sie sollte so immer dann, wenn in einer GmbH mehrere Geschäftsführer bestellt sind, nicht fehlen.
Ausgangslage.
Gesellschaften sind von der Eintragung bis zur Löschung im Firmenbuch steuerpflichtig. Der Fiskus begleitet so jede Gesellschaft von der Wiege bis zur Bahre.
Steuern einer GmbH sind von den Geschäftsführern aus den Mitteln der Gesellschaft – dem Gesellschaftsvermögen – zu entrichten. Ein Geschäftsführer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Steuerverbindlichkeiten der GmbH aus seinem Privatvermögen zu begleichen. Adressat der Steuerpflicht ist grundsätzlich die GmbH.
Die allgemeine Haftungsordnung der GmbH.
Ein Geschäftsführer haftet den Gläubigern der von ihm geleiteten GmbH aber unmittelbar, wenn er ein zum Schutz der Gläubiger erlassenes Gesetz verletzt hat.
Darüber hinaus haftet ein Geschäftsführer gegenüber der von ihm geleiteten Gesellschaft, wenn er der Gesellschaft pflichtwidrig Schaden zugefügt hat. Die Judikatur lässt so auch Gesellschafter haften, die maßgeblichen Einfluss auf die Leitung der Gesellschaft nehmen; sogar Dritte sind unter diesen Voraussetzungen haftbar, wenn sie faktisch wie ein Geschäftsführer der Gesellschaft tätig werden.
Will ein Geschäftsführer persönliche Haftungen vermeiden, so gilt es für ihn ganz allgemein, den Beweis seines rechtmäßigen Handelns für die Gesellschaft zu sichern. Dies fällt umso leichter, je überschaubarer bzw. klarer eingeschränkt sein Aufgabenbereich bestimmt ist.
Da eine GmbH gerade im Fall einer Insolvenz durch einen (fremden) Insolvenzverwalter vertreten wird, ist es auch realistisch möglich, dass die GmbH gegen ihren eigenen Geschäftsführer Ersatzansprüche geltend macht. In einer GmbH ohne Geschäftsordnung sind grundsätzlich alle Geschäftsführer für alle Aufgaben zuständig; trifft der Vorwurf eines Pflichtverstoßes grundsätzlich auch alle Geschäftsführer.
Wenn aber die Zuständigkeit der Geschäftsführer für einzelne Bereiche in einer Geschäftsverteilung geregelt ist, kann sich der jeweils unzuständige Geschäftsführer auf eine allgemeine Beobachtung zurück ziehen; er ist so auch für Fehler des jeweils anderen Geschäftsführers nicht verantwortlich, solange dessen Maßnahmen allgemein unverdächtig korrekt vorgenommen worden sind.
Es ist so jedem Geschäftsführer – auch solchen in der „eigenen“ Familien-GmbH – zu empfehlen, auf die Erlassung einer konkreten Geschäftsordnung durch die Generalversammlung zu bestehen, um im Fall des Falles eine Haftung aller Geschäftsführer zu vermeiden.
Die haftungsrechtliche Verantwortung für Steuern.
Eine Geschäftsordnung ist nach neuester Judikatur aber auch zur Begrenzung der Haftung gegenüber den Abgabenbehörden geeignet.
Die Bundesabgabenordnung (BAO) enthält in § 9 die haftungsrechtliche Grundlage für die Inanspruchnahme des Geschäftsführers für Steuerschulden der GmbH. § 9 BAO normiert, dass die Geschäftsführer der GmbH neben der GmbH für die Steuerschulden der GmbH haften, wenn die Steuern wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers bei der GmbH nicht eingebracht werden können.
Auch in diesem Fall haftet jeder Geschäftsführer, der schuldhaft – also fahrlässig bzw. vorsätzlich – (Abgaben)pflichten verletzt hat.
§ 9 BAO normiert eine Ausfallshaftung des Geschäftsführers. Primär ist die Gesellschaft Schuldner der Steuerverbindlichkeiten. Die Abgabenbehörde muss so versuchen, Steuerverbindlichkeiten zunächst bei der Gesellschaft selbst einbringlich zu machen; kann erst dann auf den Geschäftsführer greifen, wenn feststeht, dass die Steuerverbindlichkeiten bei der GmbH nicht mehr einbringlich sind. Uneinbringlichkeit ist anzunehmen, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der GmbH erfolglos ist oder erfolglos wäre.
Praktisch bedeutsam wird die Ausfallshaftung des Geschäftsführers in der Insolvenz der Gesellschaft. Der Geschäftsführer der insolventen GmbH hat die Steuerschulden der GmbH dann grundsätzlich aus seinem Privatvermögen zu begleichen.
Besorgung der „Steueragenden“ durch einen Dienstnehmer.
In der Praxis werden die steuerrechtlichen Pflichten der GmbH häufig nicht vom Geschäftsführer unmittelbar selbst wahrgenommen, sondern intern einem Dienstnehmer (z.B. dem Buchhalter) übertragen. Diese „Übertragung“ der Steueragenden hat große praktische Bedeutung, wenn die GmbH nur von einem Geschäftsführer geleitet wird, dieser aber nicht in der Lage ist, das „Steuerwesen“ der Gesellschaft selbst zu führen.
Die Judikatur steht dieser Praxis eher skeptisch gegenüber. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich nämlich ein Geschäftsführer seiner Verantwortung nicht schon dadurch entziehen, dass er seine steuerrechtlichen Pflichten auf einen Dienstnehmer überträgt (VwGH 2000/14/0106). Den Geschäftsführer treffen in diesem Fall qualifizierte Auswahl- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zur Haftung nach § 9 BAO führt. Der Geschäftsführer hat sein eigenes Personal derart zu überwachen, dass ihm die Verletzung steuerrechtlicher Pflichten der Gesellschaft nicht verborgen bleibt.
Nur wenn ein Geschäftsführer diesen strengen Überwachungspflichten nachkommt (und trotzdem Abgaben nicht entrichtet werden), trifft ihn keine Haftung nach § 9 BAO. Dazu wird es aber insbesondere erforderlich sein, dass der Geschäftsführer die Tätigkeit seines Buchhalters regelmäßig kontrolliert und diese Kontrolltätigkeit auch entsprechend dokumentiert.
Der als Dienstnehmer beschäftigte Buchhalter der GmbH haftet nicht gegenüber der Abgabenbehörde; unter Umständen trifft ihn aber eine Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft, seinen Dienstgeber. In derartigen Fällen ist die Ersatzpflicht des Dienstnehmers aber meist nach den Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zu ermäßigen.
Besorgung der „Steueragenden“ durch einen von mehreren Geschäftsführer.
Hat eine GmbH zumindest zwei Geschäftsführer, können diese ihre Tätigkeiten untereinander aufteilen; es kann so auch einem Geschäftsführer die Alleinverantwortung für das Steuerwesen zugewiesen werden.
Werden Steuerpflichten verletzt, haftet der nach der Geschäftsverteilung unzuständige Geschäftsführer nach neuerer Judikatur in der Regel nicht für Steuerschulden der Gesellschaft (UFS RV/0056-L/08). Von der Abgabenbehörde kann (neben der GmbH) nur der zuständige Geschäftsführer in Anspruch genommen werden.
Eine Ersatzpflicht des unzuständigen Geschäftsführers kommt nur dann in Betracht, wenn er es trotz berechtigter Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung unterlässt, die Tätigkeit des Kollegen zu überprüfen (VwGH 2005/13/0085).
An das Ausmaß der Kontrolltätigkeit ist kein so strenger Maßstab wie bei der Überwachung eines Dienstnehmers anzulegen; meist wird erst der Verdacht einer „Unregelmäßigkeit“ zu Kontrollpflichten des unzuständigen Geschäftsführers führen.
Ergebnis.
Eine Geschäftsverteilung ist geeignet, die Haftung von Geschäftsführern „im Fall des Falles“ wesentlich zu verringern. Sie sollte so immer dann, wenn in einer GmbH mehrere Geschäftsführer bestellt sind, nicht fehlen.
Diese Möglichkeit können sich gerade Familiengesellschaften nutzbar machen, bei denen der „Familienbesitz“ nicht im Vermögen der Gesellschaft, sondern im Privatvermögen eines Geschäftsführers steht. Bei mehreren Geschäftsführern, kann so etwa wirksam vereinbart werden, dass sich ein (regelmäßig wohl der vermögenslosere) Geschäftsführer um die Steueragenden zu kümmern hat; der bzw. die anderen Geschäftsführer für andere Angelegenheiten zuständig sind.
Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, kann dieser der Haftung nach § 9 BAO entgehen, wenn ein Dienstnehmer mit der Besorgung der Steuerangelegenheiten betraut wird und der Geschäftsführer seinen Überwachungspflichten nachweislich nachgekommen ist.
Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt