Geschäftsverteilung rettet GmbH-Geschäftsführer.

15.02.2011 | Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht

Zur Haftung des Geschäftsführers für Steuerverbindlichkeiten der GmbH.

 

Eine Geschäftsverteilung ist geeignet, die Haftung von Ge­schäfts­führern „im Fall des Falles“ wesentlich zu verringern. Sie sollte so immer dann, wenn in einer GmbH mehrere Ge­schäfts­führer bestellt sind, nicht fehlen.

 

Ausgangslage.

Gesellschaften sind von der Eintragung bis zur Löschung im Fir­men­buch steuerpflichtig. Der Fiskus begleitet so jede Gesell­schaft von der Wiege bis zur Bahre.

 

Steuern einer GmbH sind von den Geschäftsführern aus den Mit­teln der Gesellschaft – dem Gesellschaftsvermögen – zu ent­rich­­ten. Ein Geschäftsführer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Steuer­­verbindlichkeiten der GmbH aus seinem Privatvermögen zu begleichen. Adressat der Steuerpflicht ist grundsätzlich die GmbH.

 

Die allgemeine Haftungsordnung der GmbH.

Ein Geschäftsführer haftet den Gläubigern der von ihm geleiteten GmbH aber unmittelbar, wenn er ein zum Schutz der Gläu­biger erlassenes Gesetz verletzt hat.

 

Darüber hinaus haftet ein Geschäftsführer ge­genüber der von ihm geleiteten Gesellschaft, wenn er der Gesellschaft pflicht­­widrig Schaden zugefügt hat. Die Judikatur lässt so auch Ge­sell­schafter haften, die maßgeblichen Einfluss auf die Leitung der Gesellschaft nehmen; sogar Dritte sind unter diesen Vor­aussetzungen haftbar, wenn sie faktisch wie ein Geschäfts­füh­rer der Gesellschaft tätig werden.

 

Will ein Geschäftsführer persönliche Haftungen vermeiden, so gilt es für ihn ganz allgemein, den Beweis seines rechtmäßigen Handelns für die Gesellschaft zu sichern. Dies fällt umso leich­ter, je überschaubarer bzw. klarer eingeschränkt sein Aufgabenbereich be­stimmt ist.

 

Da eine GmbH gerade im Fall einer Insolvenz durch einen (fremden) Insolvenzverwalter vertreten wird, ist es auch rea­lis­tisch möglich, dass die GmbH gegen ihren eigenen Ge­schäfts­führer Ersatzansprüche geltend macht. In einer GmbH ohne Geschäftsordnung sind grundsätzlich alle Geschäftsführer für alle Aufgaben zuständig; trifft der Vorwurf eines Pflichtverstoßes grundsätzlich auch alle Geschäftsführer.

 

Wenn aber die Zuständigkeit der Geschäftsführer für einzelne Be­reiche in einer Geschäftsverteilung geregelt ist, kann sich der je­weils unzuständige Geschäftsführer auf eine allgemeine Be­ob­ach­tung zurück ziehen; er ist so auch für Fehler des jeweils an­de­ren Geschäftsführers nicht verantwortlich, solange dessen Maß­nahmen allgemein unverdächtig korrekt vorgenommen wor­den sind.

 

Es ist so jedem Geschäftsführer – auch solchen in der „eigenen“ Familien-GmbH – zu empfehlen, auf die Erlassung einer kon­kre­ten Geschäftsordnung durch die General­ver­samm­lung zu be­stehen, um im Fall des Falles eine Haftung aller Geschäftsführer zu vermeiden.

Die haftungsrechtliche Verantwortung für Steuern.

Eine Geschäftsordnung ist nach neuester Judikatur aber auch zur Begrenzung der Haftung gegenüber den Abgabenbehörden geeignet.

 

Die Bundesabgabenordnung (BAO) enthält in § 9 die haftungs­recht­liche Grundlage für die Inanspruchnahme des Geschäfts­führers für Steuerschulden der GmbH. § 9 BAO normiert, dass die Geschäftsführer der GmbH neben der GmbH für die Steu­er­schul­den der GmbH haften, wenn die Steuern wegen schuld­haf­ter Verletzung der Pflichten des Ge­schäfts­führers bei der GmbH nicht eingebracht werden können.

 

Auch in diesem Fall haftet jeder Geschäftsführer, der schuldhaft – also fahrlässig bzw. vorsätzlich – (Abgaben)pflichten verletzt hat.

 

§ 9 BAO normiert eine Ausfallshaftung des Geschäfts­führers. Primär ist die Gesellschaft Schuldner der Steuer­ver­bind­lich­keiten. Die Abgabenbehörde muss so versuchen, Steuerver­bind­lich­keiten zunächst bei der Gesellschaft selbst einbringlich zu machen; kann erst dann auf den Geschäftsführer greifen, wenn feststeht, dass die Steuerverbindlichkeiten bei der GmbH nicht mehr einbringlich sind. Uneinbringlichkeit ist anzunehmen, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der GmbH erfolglos ist oder erfolglos wäre.

 

Praktisch bedeutsam wird die Ausfallshaftung des Ge­schäfts­führers in der Insolvenz der Gesellschaft. Der Geschäfts­füh­rer der insolventen GmbH hat die Steuerschulden der GmbH dann grundsätzlich aus seinem Privatvermögen zu begleichen.

 

Besorgung der „Steueragenden“ durch einen Dienstnehmer.

In der Praxis werden die steuerrechtlichen Pflichten der GmbH häufig nicht vom Geschäftsführer unmittelbar selbst wahr­ge­nom­men, sondern intern einem Dienstnehmer (z.B. dem Buch­hal­ter) übertragen. Diese „Übertragung“ der Steueragenden hat große praktische Bedeutung, wenn die GmbH nur von einem Ge­schäftsführer geleitet wird, dieser aber nicht in der Lage ist, das „Steuerwesen“ der Gesellschaft selbst zu führen.

 

Die Judikatur steht dieser Praxis eher skeptisch gegenüber. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich nämlich ein Ge­schäfts­­führer seiner Verantwortung nicht schon dadurch ent­zie­hen, dass er seine steuerrechtlichen Pflichten auf einen Dienst­neh­mer überträgt (VwGH 2000/14/0106). Den Geschäftsführer treffen in diesem Fall qualifizierte Aus­wahl- und Kon­troll­pflich­ten, deren Verletzung zur Haftung nach § 9 BAO führt. Der Geschäftsführer hat sein eigenes Personal derart zu über­wachen, dass ihm die Verletzung steuerrechtlicher Pflichten der Ge­sellschaft nicht verborgen bleibt.

 

Nur wenn ein Geschäftsführer diesen strengen Über­wachungs­pflich­ten nachkommt (und trotzdem Abgaben nicht entrichtet werden), trifft ihn keine Haftung nach § 9 BAO. Dazu wird es aber ins­besondere erforderlich sein, dass der Ge­schäfts­führer die Tätig­keit seines Buchhalters regelmäßig kon­trolliert und diese Kon­trolltätigkeit auch entsprechend doku­men­tiert.

 

Der als Dienstnehmer beschäftigte Buchhalter der GmbH haftet nicht gegenüber der Abga­ben­behörde; unter Umständen trifft ihn aber eine Ersatzpflicht ge­genüber der Gesellschaft, seinen Dienstgeber. In derartigen Fällen ist die Ersatzpflicht des Dienst­neh­mers aber meist nach den Be­stimmungen des Dienst­nehmer­haftpflichtgesetzes zu ermäßigen.

 

Besorgung der „Steueragenden“ durch einen von mehreren Geschäftsführer.

Hat eine GmbH zumindest zwei Geschäftsführer, können diese ihre Tätigkeiten untereinander aufteilen; es kann so auch einem Geschäftsführer die Alleinverant­wor­tung für das Steuerwesen zu­gewiesen werden.

 

Werden Steuerpflichten verletzt, haftet der nach der Ge­schäfts­ver­teilung unzuständige Geschäftsführer nach neuerer Judikatur in der Regel nicht für Steuerschulden der Gesellschaft (UFS RV/0056-L/08). Von der Abgabenbehörde kann (neben der GmbH) nur der zuständige Geschäftsführer in Anspruch ge­nom­men werden.

 

Eine Ersatzpflicht des unzuständigen Geschäftsführers kommt nur dann in Betracht, wenn er es trotz berechtigter Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung unterlässt, die Tä­tig­keit des Kollegen zu überprüfen (VwGH 2005/13/0085).

 

An das Ausmaß der Kontrolltätigkeit ist kein so strenger Maß­stab wie bei der Überwachung eines Dienstnehmers anzulegen; meist wird erst der Verdacht einer „Unregelmäßigkeit“ zu Kon­troll­pflichten des unzuständigen Geschäftsführers führen.

 

Ergebnis.

Eine Geschäftsverteilung ist geeignet, die Haftung von Ge­schäfts­führern „im Fall des Falles“ wesentlich zu verringern. Sie sollte so immer dann, wenn in einer GmbH mehrere Ge­schäfts­führer bestellt sind, nicht fehlen.

 

Diese Möglichkeit können sich gerade Familiengesellschaften nutzbar machen, bei denen der „Familienbesitz“ nicht im Ver­mö­gen der Gesellschaft, sondern im Privatvermögen eines Ge­schäfts­führers steht. Bei mehreren Geschäftsführern, kann so etwa wirksam vereinbart werden, dass sich ein (regelmäßig wohl der vermögenslosere) Geschäftsführer um die Steuer­agen­den zu kümmern hat; der bzw. die anderen Geschäftsführer für andere Angelegenheiten zuständig sind.

 

Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, kann dieser der Haftung nach § 9 BAO entgehen, wenn ein Dienstnehmer mit der Besorgung der Steuerangelegenheiten betraut wird und der Geschäftsführer seinen Überwachungspflichten nachweislich nachgekommen ist.

 

Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt

Februar 2011

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