Auf den Gesellschaftsvertrag kommt es an!

01.05.2012 | Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht

Grundlage von Unternehmen, die als GmbH betrieben werden, ist jeweils ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag, dem von den Gesellschaftern bei der Errichtung der Gesellschaft regemäßig nur geringe Bedeutung beigemessen wird. Unternehmer vereinbaren so Gesellschaftsverträge, die sich in weiterer Folge für sie fatal auswirken können.

Achten Sie darauf, dass der Gesellschaftsvertrag Ihren Interessen entspricht.

In einem Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter die Spielregeln des gemeinsamen Zusammenwirkens festlegen, wobei der GmbH-Gesetzgeber den Gesellschaftern einen sehr weiten Gestaltungsspielraum einräumt. Zwingende Bestandteile des Gesellschaftsvertrages einer GmbH betreffen lediglich die Firma und den Sitz der Gesellschaft, den Unternehmensgegenstand, die Höhe des Stammkapitals und die Höhe der Stammeinlagen der Gesellschafter. Darüberhinaus können die Gesellschafter – soweit nicht ausnahmsweise zwingendes Gesetzesrecht einer Regelung entgegensteht – beliebig viele Regelungen für die künftige Zusammenarbeit vereinbaren.

Sehen die Gesellschafter für ein bestimmtes Problem keine Regelung im Gesellschaftsvertrag vor, kommen die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes zur Anwendung. Diese Bestimmungen werden aber in der Praxis in einigen Bereichen als ungenügend empfunden, weshalb es sich empfiehlt, zumindest für die

  • Kündigung eines Gesellschafters,
  • Kündigung der Gesellschaft, und
  • Abfindung des Gesellschafters beim Ausscheiden aus der Gesellschaft

Regelungen im Gesellschaftsvertrag vorzusehen. Die Erfahrung zeigt, dass gerade bei diesen Problembereichen häufig Streit zwischen den Gesellschaftern entstehen kann. Diesen Streit kann man verlässlich nur vermeiden, wenn man bereits bei der Gründung der Gesellschaft entsprechend vorsorgt.

 

Kündigung eines Gesellschafters.

Es kommt im Geschäftsleben nicht selten vor, dass sich Geschäftspartner von einander trennen wollen oder müssen; das Unternehmen aber fortgeführt werden soll. Dies ist natürlich auch bei den Gesellschaftern einer GmbH der Fall.

Nun sieht aber das GmbH-Recht keine Möglichkeit vor, einen Gesellschafter gegen seinen Willen aus der GmbH auszuscheiden. Haben die Gesellschafter daher im Gesellschaftsvertrag darauf vergessen, die Kündigungsmöglichkeit eines Gesellschafters vorzusehen, kann ein Gesellschafter einseitig nicht dazu verhalten werden, die Gesellschaft zu verlassen. Daran ändert sich auch nichts, wenn dieser Gesellschafter grob pflichtwidrig oder gar vorsätzlich die GmbH geschädigt hat.

Um sich von einem „unliebsamen“ Gesellschafter trennen zu können, ist daher die Normierung eines Kündigungsrechtes im Gesellschaftsvertrag unbedingt erforderlich, wobei dieses Kündigungsrecht wirksam nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ vereinbart werden kann. Die Gesellschafter können sich daher – selbst wenn eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag besteht – nur dann einseitig von einem Gesellschafter trennen, wenn dieser durch sein Verhalten einen Grund setzt, der die weitere Zusammenarbeit mit ihm unzumutbar macht.

 

Kündigung der Gesellschaft.

Da die Gründung einer GmbH die Willenseinigung aller Gesellschafter erfordert, könnte man durchaus meinen, dass jeder Gesellschafter die GmbH einseitig auch wieder beenden kann, wenn eben diese Einigkeit zwischen den Gesellschaftern nicht mehr besteht.

Das GmbH-Recht sieht dies allerdings anders. Es kennt nämlich keine Bestimmung, die einem Gesellschafter einseitig die Beendigung (Kündigung) der Gesellschaft ermöglichen würde. Nur wenn die Mehrheit der Gesellschafter die Auflösung der GmbH verlangt, wird die Gesellschaft liquidiert.

Will ein Gesellschafter alleine das Recht zur Beendigung der Gesellschaft haben, müssen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag ein entsprechendes Kündigungsrecht vorsehen. In der Praxis finden sich oftmals Bestimmungen, die einem Gesellschafter zwar das Recht zur Kündigung der Gesellschaft einräumen, aber gleichzeitig die Möglichkeit der übrigen Gesellschafter vorsehen, die GmbH ohne den kündigenden Gesellschafter fortzusetzen. In diesem Fall wirkt die Kündigung der Gesellschaft im Ergebnis wie die Kündigung eines Gesellschafters.

 

Abfindung des Gesellschafters.

Scheidet ein Gesellschafter aus der GmbH aus, erhält er als Äquivalenz für die Aufgabe seiner Beteiligung von der GmbH eine Abfindung.

Über die Höhe der Abfindung – insbesondere die Vorgehensweise zur Ermittlung der Abfindungsbetrages – kann (und sollte) der Gesellschaftsvertrag Regelungen vorsehen.

Bei Fehlen einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmung richtet sich die Höhe des Anspruchs nach dem vollen Wert des Anteils.

Der Gesellschaftsvertrag kann aber auch die Höhe der Abfindung reduzieren. In der Praxis häufig anzutreffen sind Buchwertklauseln. Darunter versteht man die Vereinbarung, dass zur Berechnung des Abfindungsguthabens nur die Werte aus dem Jahresabschluss (Buchwerte) übernommen werden, die sich häufig aufgrund der Bewertungsvorschriften von den tatsächlichen Werten (nach unten hin) erheblich unterscheiden. Die Normierung von Buchwertklauseln führt also regelmäßig dazu, dass ein Gesellschafter weniger erhält, als dies dem wirtschaftlichen Wert seiner Beteiligung entspricht.

Zu empfehlen sind Bestimmungen, welche die Höhe des Abfindungsbetrages von der Expertise eines unabhängigen Schiedsgutachters abhängig machen. Dieser Schiedsgutachter schätzt den Wert des Unternehmens. Der Abfindungsbetrag beträgt dann jenen Teilbetrag der Unternehmensschätzung, welcher der Beteiligung an der Gesellschaft entspricht.

 

Ergebnis.

Dem Gesellschaftsvertrag kommt als Gründungsurkunde der GmbH große praktische Bedeutung zu. Das Vorhandensein entsprechend klarer Bestimmungen entscheidet im Problemfall darüber, ob die Gesellschafter im Streit oder geordnet auseinander gehen. Endet der Streit gar vor Gericht, ist dann auch dessen Ausgang unklar, weil naturgemäß die Auslegung unklarer Bestimmungen auch zu verschiedenen Ergebnissen führen kann. Haben die Gesellschafter überhaupt auf eine wichtige Regelung vergessen, kann auch dies – weil das GmbH-Recht keine „passende“ Bestimmung bereithält – zu ungewollten Rechtsfolgen führen.

Es ist daher jedem Gesellschafter bzw dessen Berater dringend zu empfehlen, den Gesellschaftsvertrag auf die Regelung obiger Problembereiche zu überprüfen. Lassen Sie sich zu diesem Zweck auch von einem Spezialisten beraten. Gesellschaftsverträge können auch nachträglich geändert werden, sodass fehlende Bestimmungen nachgeholt werden können.

 

Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt

im Mai 2012

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